Von Manuela Brunner
Es ist eine wahre Geschichte, die Susanna Kaysen in »Seelensprung« – so der deutsche Titel des Buches »Girl, Interrupted« – niedergeschrieben hat. Es sind die Erinnerungen der Schriftstellerin an den Aufenthalt in einer Nervenheilanstalt im Jahre 1967. Damals war sie 18 Jahre alt, und die Symptome ihrer Krankheit (Unsicherheit, Stimmungsschwankungen, Umkehrung des Schlafrhythmus) kennt wohl die Mehrzahl der Teenager. Nur, daß die allerwenigsten drei Packungen Aspirin gegen ihre Kopfschmerzen schlucken und ordentlich Wodka hinterherschicken.
Winona Ryder liebt dieses Buch, und von ihr kam auch der Anstoß, diesen Film zu produzieren. Mit zwanzig verbrachte sie selbst einige Zeit in einem Nervenkrankenhaus, und dieser persönliche Zugang zu ihrer Rolle ist der Frau mit den wundervoll ausdrucksstarken Augen in jeder Filmminute anzumerken. In Angelina Jolie (diesmal mit deutlich weniger Oberweite als in
Pushing Tin) findet sie eine herrlich spielfreudige, energiegeladene und katzenhaft elegante Partnerin. Apropos: Erwähnung verdient auch die Katze mit Filmnamen Ruby – die trotz ihrer tragenden Rolle bei den Credits schlicht vergessen wurde. Whoopi Goldberg schließlich gelingt mit ihrer souveränen Darstellung die ideale Abrundung.
Leider hört an diesem Punkt das Lob für
Durchgeknallt auch schon auf. Denn ohne ein tragfähiges Drehbuch können die Darstellerinnen noch so gut sein, es hilft alles nichts, und Langeweile macht sich breit. Sicher, Kaysens Memoiren sind ein schwieriger und sensibler Stoff. Aber das ist noch lange kein Grund, ihre vielschichtige, intelligent und humorvoll erzählte Geschichte für den Film auf ein plumpes Melodram herunterzustauchen.
Versuchen James Mangold und sein Kameramann Jack Green zumindest am Anfang noch, mit einer vielversprechenden und düsteren Sequenz (hier hat Ruby ihren ersten großen Auftritt) Akzente zu setzen oder den sprunghaften Gedanken der Hauptfigur Ausdruck zu verschaffen, indem zwischen verschiedenen Zeitebenen hin- und hergeschnitten wird, so pegelt sich die Kamera- und Schnitt-Technik doch bald auf Standardniveau ein. Das Innenleben der Protagonistin hätte es verdient, auf wesentlich innovativere Erzählweise visualisiert zu werden. Der Versuch, in der melancholischen Grundstimmung des Films etwas Auflockerung zu schaffen, endet streckenweise in einer aufdringlichen Inszenierung, die eher einer Enid Blyton als einer Susanna Kaysen-Vorlage ziemt.
James Mangold hat nach seinem umjubelten Erstling
Heavy (Hungry for Love) und dem ebenfalls viel gelobten
Cop Land jetzt die Eintagsfliegenprüfung zu bestehen.
Durchgeknallt ist leider zu einem Schritt in die falsche Richtung geraten.
1970-01-01 01:00