Von Hasko Baumann
Der beste Film des Jahres hat ein Problem: Er hat wahrscheinlich kein Zielpublikum. Für harte gorehounds ist er zu glatt, für den zarten Filmfreund bei weitem zu kraß.
From Dusk Till Dawn ist so einfach strukturiert, daß er vielen unzugänglich erscheinen mag.
Die erste Hälfte schildert die Flucht zweier Gangster-Brüder (Clooney & Tarantino) mit ihren Geiseln (Keitel & Co.) über die mexikanische Grenze, die zweite den Kampf selbiger gegen moderne Vampire in einer Strip-Bar in Mexiko. Oberflächlichkeit und Leere ist Rodriguez' Film seiner vermeintlichen Einfachheit wegen vorgeworfen worden, seiner herrlich exzessiven Splatter-Orgie schlug elitäres Unverständnis entgegen. Diese Reaktion belegt nur erneut die Crux hochmütiger (deutscher) Kino-Rezeption, die einem Genre-Film nicht zugestehen will, große Filmkunst abgeliefert zu haben.
From Dusk till Dawn bereitet nicht nur ungezähmten, gekonnt sadistischen Spaß, sondern ist auch derart grandios gefilmt und rasant geschnitten, daß das Ergebnis allein schon formal jedem echten Filmfreund den Atem stocken lassen sollte. Für Horror-Fans kommen zahllose Verweise hinzu. Eine gelungene Party lebt aber auch von ihren Gästen: John Saxon im TV, Blaxploitation-Star Fred Williamson als knallharter Vietnam-Veteran (das Zigarreschloten macht ihm noch immer keiner nach), Maskenbildner-Guru Tom Savini als »Sex Machine« in einer Referenz an seinen
Dawn Of The Dead-Auftritt und Cheech Marin in drei (!) Rollen. Daß hier auf diese Weise offensichtlich versucht wurde, den Kult-Faktor zu maximieren, mindert den Spaß keineswegs.
Die größte Trumpfkarte jedoch ist George Clooney, der schon als Kinderarzt für Frauen in der klasse TV-Serie
ER zu gefallen wußte: So charismatisch, cool und sexy hat noch kaum jemand die Leinwand beherrscht. Ganz ehrlich: Clooney ist GOTT. Ich will so sein wie er.
Das schier endlose, sagenhaft unterhaltsame Vampirmassaker (endlich mal keine weinerlichen Blutsauger in der Identitätskrise, sondern fiese Beißer, die man platthauen muß) hat natürlich kurzsichtige Kritiker zu Vergleichen mit
Braindead provoziert.
Dusk ist jedoch nicht nur unfaßbar komisch, sondern noch creepy genug, um auch als Horror zu funktionieren. Und außerdem:
Braindead war Hysterie.
From Dusk Till Dawn ist Coolness.
1970-01-01 01:00