— — —   DER SCHNITT IST OFFLINE   — — —

Glauben ist alles

Keeping the Faith. USA 2000. R,D: Edward Norton. B: Stuart Blumberg. K: Anastas N. Michos. S: Malcolm Campbell. M: Elmer Bernstein. P: Spyglass. D: Ben Stiller, Jenna Elfman, Anne Bancroft, Eli Wallach, Milos Forman u.a.
128 Min. Constantin ab 20.7.00
Von Dietrich Brüggemann Er schlug sich in Fight Club selbst zusammen, er beging in American History X einen bestialischen Mord, er spielte in Primal Fear den Psychopathen. Jetzt kommt er uns als katholischer Priester. Nein, er vergeht sich nicht an Chorknaben, hadert nicht mit dem Zölibat und liefert sich auch keine Schlägereien mit dem lieben Gott oder sonst irgendwem. Edward Norton erstaunt stattdessen als gut aufgelegter Komödiant und zugleich als souveräner Debütregisseur.

Der Film erzählt die Geschichte zweier Freunde, von denen der eine Pfarrer wird und der andere Rabbiner. Beide sind begabt und motiviert, beide üben ihren Beruf voller Hingabe und zugleich auf unkonventionelle Weise aus. Dann jedoch tritt ihre gemeinsame Jugendfreundin auf den Plan, die sich in eine schöne, junge Frau verwandelt hat, und verdreht beiden die Köpfe.

Was als Story nicht umwerfend originell klingt, entfaltet auf der Leinwand seinen ganz eigenen Charme. Und daran sind nicht einmal nur die Darsteller schuld. Ben Stiller als Rabbi ist gut und überzeugend, ebenso wie Jenna Elfman als junge Erfolgsgeschäftsfrau, doch Norton ist der Spielmacher. Wir lieben ihn von der ersten Minute an, als er einem mitleidigen Barkeeper sein Leid klagt und zuletzt den römischen Kragen vorzeigt. Seine komödiantischen Soloeinlagen sind unaufdringlich, allein sein Pas de deux mit einem widerspenstigen Weihrauchfaß ist schon sehenswert, und wenn man ihm etwas vorwerfen möchte, dann sind es die zu zahlreichen Szenen, in denen er nicht zu sehen ist.

Doch auch hier wird seine Handschrift spürbar, die des Regisseurs, der sich zu jeder Sekunde der verschiedenen Genres bewußt ist, die sein Film berührt. Glauben ist alles! ist zugleich Buddy-Movie, Screwball-Komödie, Dreiecksgeschichte und nicht zuletzt ein klassischer New-York-Film. Jede dieser Gattungen trägt ihren historischen Ballast mit sich herum, und Norton nähert sich seiner Aufgabe mit genau der richtigen Balance aus Naivität und Stilbewußtsein. Er scheut sich nicht, Ansichten der Metropole zum hundertsten Mal zu zeigen, doch er bevölkert sie mit lebendigen Menschen. Er hat keine Angst vor Typen, die sprechen und agieren, wie wir es aus anderen Filmen kennen, doch er bringt sie in Situationen und Gefühlslagen, in denen wir sie mit neuen Augen sehen. Auf diese Weise schafft er einen wunderbaren Film. 1970-01-01 01:00

Abdruck

Dieser Text ist erstmals erschienen im Schnitt #19.

Medien

© 2012, Schnitt Online

Sitemap