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Keine halben Sachen 2 – Jetzt erst recht

The Whole Ten Yards. USA 2004. R: Howard Deutch. B: George Gallo. K: Neil Roach. S: Seth Flaum. M: John Debney. P: Cheyenne Enterprises. D: Bruce Willis, Matthew Perry, Kevin Pollak, Amanda Peet u.a.
99 Min. Concorde ab 9.9.04
Von Daniel Bickermann Neulich stand ich an einer Bushaltestelle, und neben mir hielt eine Frau ihren Hund an der Leine, ein kleines, überaus haariges Vieh, das einfach nicht aufhören wollte zu kläffen. Nach mehreren vergeblichen Ermahnungen beugte sich Frauchen schließlich herunter und schrie: »Wennst jetzt nicht gleich ruhig bist, kommst in die Supp'!«

Was das alles mit dem neuen Matthew Perry-Film zu tun hat? Wenig. Eigentlich gar nichts. Ich dachte nur, ich könnte den Platz hier sinnvoller nutzen als mit dem tragischen Verriß eines offensichtlich überflüssigen Films, der sich zudem ernsthaft anstrengt, Gigli die schon sicher geglaubte Krone als schlechtester Film des Jahres noch zu entreißen. Die Zutaten dazu hat er. Männer in Frauenkleidern? Check. Impotenzwitze? Check. Titten-, Rülps- und Furzwitze? Mehrfachcheck.

Na gut, versuchen wir mal, dieses rauchende Wrack von einem Film wenigstens kurz zu untersuchen. Zuerst einmal ist das Drehbuch dumm. Diese Feststellung scheint unnötig, ist aber durchaus als Warnung zu verstehen – das Drehbuch derart mies und verlogen, daß man erstaunt ist, daß es einem nicht gleich noch die Geldbörse klaut und die Freundin schwängert.

Bei den beteiligten Personen verschwimmen die Grenzen zwischen Täterschaft, Mitschuld und Opfertum. Der Regisseur heißt Howard Deutch, sein letzter halbwegs professionell anmutender Film hieß Pretty in Pink, und wenn man in dieser verworrenen Blödsinns-Story irgendwann nichts mehr kapiert, was ungefähr nach 50 Minuten eintritt, dann kann man sich immerhin damit trösten, daß es ihm wohl genauso gegangen ist. (Ein Kollege merkte später an, die Geschichte wäre so verworren, daß es schon wieder an Avantgarde grenzt, aber für eine solche Aussage fehlt mir das sonnige Weltbild.) Bruce Willis indes hat seine Bewunderung für Robert De Niro zu weit getrieben und folgt offenbar dessen zweifelhaftem Weg, sich vor der Kamera zum greinenden, dümmlichen Vollidioten zu machen und dann zu hoffen, es würde irgendwie komisch wirken. Matthew Perry versucht unterdessen… ja, was versucht er eigentlich? Eine Imitation von Pauly Shore? Eine Mischung aus Jim und Mariah Carrey? (Dazu muß man wissen, daß Perry der vielleicht einzige lebende Schauspieler ist, der noch unlustiger ist als Ben Affleck. Ich würde sogar so weit gehen, ihn als den unlustigsten Menschen auf Zelluloid zu bezeichnen, seit Vanilla Ice sein legendäres Kinodebüt feiern durfte.) Der einzige, der hier wirklich seinen Spaß hat, ist Kevin Pollack, aber der hat ja auch gut lachen, der steckt unerkennbar unter mehreren Metern Make-Up und darf in der Rolle des Mafiapaten fröhlich Brandos Corleone-Leiche schänden. Lustig ist auch das nicht, aber ihm gönnt man wenigstens die Freude.

Der schönste Moment des Films: der Vorspann, in dem das Rattern und Klacken einer Registrierkasse über die Schlägerei zweier Jungs geblendet wird – ein inspirierter Tonschnitt und die einzige funktionierende Idee des Films. Der schlimmste Moment: Perry wacht nach durchzechter Nacht unbekleidet neben dem ebenfalls nackten Willis auf und stellt fest, daß sein Hinterteil schmerzt. Die darauf entbrennende »Bin ich heimlich schwul? Wie ekelhaft!«-Eskapade verbringt der Zuschauer mit dem surrealen Hoffnungstraum, man befände sich in einem anderen Film, in dem Bruce sein Teil tatsächlich herausholen und es Perry mal ordentlich besorgen würde. Ein bißchen Pornographie wäre zumindest eine willkommene Überraschung. »Free Willis«, möchte man rufen. 1970-01-01 01:00
© 2012, Schnitt Online

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