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Toy Story

USA 1995. R: John Lasseter. B: Joss Whedon, Andrew Stanton u.a. M: Randy Newman. S: Robert Gordon, Lee Unkrich.
77 Min. Buena Vista ab 21.3.96
Von Olaf Adam Irgendwann habe ich es dann doch geglaubt. Meine Eltern hatten es mir schon immer gesagt, aber ich wollte es nicht wahrhaben. Ich konnte mich doch nicht so sehr irren. Aber im Laufe der Jahre scheiterten alle Versuche, meine Überzeugung durch empirische Beweise zu belegen. Als schließlich auch eine großangelegte Testreihe zum Nachweis eines Selbsterhaltungstriebes nur negative Ergebnisse lieferte, gab ich meinen Glauben auf: Spielzeug war nichts anderes als tote Materie! Dieser Tag war der Anfang vom Ende meiner Kindheit.

Heute weiß ich, daß ich früher immer recht hatte, und ich schäme mich. Für das, was ich meinem Spielzeug angetan habe, aber mehr noch dafür, daß ich meinen Glauben verloren und meine Überzeugung aufgegeben habe. Und Grund für diese viel zu späte Erkenntnis ist ausgerechnet ein Hi-Tech Produkt aus Hollywood, das den state of the art der Computeranimation repräsentiert.

Rein technisch gesehen eine schier unendliche Ansammlung von Nullen und Einsen, vermag dieser Film zu berühren, zu bewegen, zu amüsieren und beweist damit, daß unabhängig von der verwendeten Technik immer noch der Mensch, der dahinter steht, ausschlaggebend ist.

Den Faktor Mensch repräsentieren in diesem Fall die Mitarbeiter der Firma Pixar, die, nachdem sie einiges Aufsehen mit ihren Kurzanimationen erregt hatten (1988 Oscar für Tin Toy), nun für Toy Story verantwortlich zeichnen. John Lasseter (Regie), Ralph Guggenheim (Produzent), Edwin Catmull (Ausführender Produzent) und William Reeves (Technische Leitung) sind allesamt langjährige Mitarbeiter von Pixar und haben zum Teil bereits an der Entwicklung der Computereffekte für Star Trek: The Wrath of Khan (1982) und Return of the Jedi (1983) mitgewirkt, die entstanden, als die Firma noch eine Abteilung der Lucasfilm Ltd. war.

Nachdem Apple-Mitbegründer Steven Jobs 1986 die Abteilung von Lucasfilm / ILM freigekauft und Pixar als eigenständige Firma gegründet hatte, entwickelte die Firma neben ihren Kurzanimationen auch Software für die Filmindustrie, vor allem das mittlerweile zum Industriestandard gewordene RenderMan, mit dem die Effekte u.a. von The Abyss und Jurassic Park gestaltet wurden.

Toy Story zeigt das technisch Machbare auf, ohne sich jedoch zum Sklaven dieser Technik zu degradieren; vielmehr stellt der Film Figuren und Handlung in den Vordergrund. Es ist ja auch leicht nachvollziehbar, daß Woody, seines Zeichens Cowboy und Chef in Andys Kinderzimmer, verstört reagiert, wenn seine Stellung als Andys Lieblingsspielzeug auf einmal durch Buzz Lightyear gefährdet wird, eine Art Super-Astronaut, super modern, super neu, super bunt, super cool und stets und ständig bereit, die Galaxie zu retten.

Neben diesen beiden Hauptfiguren bevölkern noch eine Menge anderer Spielzeuge das Kinderzimmer, und jedes hat seine eigene glaubhafte Persönlichkeit: z.B. Rex, der darunter leidet, nur eine billige Plastikkopie des größten Raubtieres, das es je auf der Erde gab, zu sein, oder Mr. Potato Head, der ständig damit beschäftigt ist, Teile seines Gesichts vom Boden aufzusammeln.

Und dann ist da noch Sid, Andys Nachbar, aus der Sicht eines Spielzeugs die Inkarnation des Bösen schlechthin. Er quält, terrorisiert und mißhandelt sein Spielzeug und sprengt es auch schon mal in die Luft. Ausgerechnet in die Gewalt dieses freundlichen Zeitgenossen verschlägt es Woody und Buzz. (Wie? Warum? Go see it!)

Toy Story wurde zwar von Disney finanziert, glücklicherweise enthält sich der Film jedoch der moralinsauren Weichzeichner-Gesinnung, die Disneys eigene Animationen in den letzten Jahren auszeichnete. Lediglich der Score von Randy Newman (Ragtime u.a.) wirkt an den Stellen, an denen Newman selbst singt, ein wenig wie ein Zugeständnis an die Geldgeber. Doch das kann den Spaß, den dieser Film bereitet, nicht mindern, und nach 77 rasanten, spektakulären, amüsanten und ergreifenden Minuten (Abspann unbedingt aussitzen!) verläßt man selig grinsend das Kino und freut sich schon darauf zu sehen, wohin die Zauberer von Pixar uns das nächste Mal entführen: To Infinity And Beyond! 1970-01-01 01:00

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