Wahre Helden haben nix mehr zu melden
Von Daniel von Rosenberg
Ganz ehrlich mal, was waren wir früher doch für Helden? Wir hatten Bonanzaräder mit extrabreiten Lenkern, und die Mädchen schauten uns bewundernd hinterher, wenn wir in unseren Wrangler-Jeans lässig über den Schulhof schlenderten. Doch das ist lange her, und zweistellige Abiturjahrestage erheben ihr häßliches Haupt. Aus Helden sind schwammige Anzugträger mit schütterem Haar und schwindendem Lebensmut geworden. Ist es ein Vogel, ist es ein Flugzeug – nein, es ist die traurige Realität!
Aber wie ergeht es dann erst den wahren Superhelden, den Helden aus Profession, wenn sie in die Jahre kommen? Bob Parr, als Superheld der Superhelden – »Mr. Incredible« – einstmals stark genug, um Güterzüge mit reiner Muskelkraft zu bremsen, fristet in der mikroskopisch kleinen Büroparzelle eines Versicherungskonzerns sein langweiliges Dasein. Statt, wie in glorreichen Tagen, größenwahnsinnige Fieslinge in ihrem Streben nach der Weltherrschaft zu stoppen, führt er nun in einer amerikanischen Kleinstadt den scheinbar aussichtslosen Kampf gegen seine wuchernden Pfunde. Auch die Erziehung seiner heranwachsenden Sprößlinge, deren geheimgehaltene Superheldengene bereits für beträchtlichen Ärger in deren Schule sorgen, stellt Bob vor immer neue Herausforderungen. Ein Superheld in der Midlife Crisis – doch dann meldet sich ein mysteriöser Auftraggeber bei Bob und bittet, ihn ein letztes Mal den Planeten zu retten.
The Incredibles ist nach
Findet Nemo der neueste Film des dem Disney-Konzern untergeordneten Pixar-Studios. Und hier liegt auch schon das inhaltliche Hauptproblem, denn amerikanische Familienwerte à la Disney und sind sie in ein noch so bahnbrechendes Animationsfeuerwerk gekleidet, nerven einfach kolossal!
Wohnten den Pixar-Vorgänger wie
Toy Story oder
Monster Inc. noch Spuren von anarchischem Augenzwinkern und Kritik an der US-Konsumgesellschaft inne, so erkennt man hiervon in
The Incredibles nur noch bei sehr genauem Hinsehen klägliche Rudimente. Zeichentrick in Zeiten des Krieges soll unterhalten und die Moral stärken. Und so lautet die Pixar-Parole: Wir sind alle Helden im Kampf gegen die Achse des Bösen, solange wir uns nur auf die Quelle unserer Kräfte besinnen – die Familie.
Was waren wir früher doch für Helden? Wir hatten den Mut, Dinge beim Namen zu nennen. Wir waren Nerds und träumten von einem eigenen Hauptquartier, so wie es heute das Pixar-Studio ist. Wir zeichneten in den großen Pausen Superhelden in unser Matheheft und träumten von einem eigenen Trickfilm. Wir hätten es besser gemacht.
1970-01-01 01:00