Cinematic Wasteland
Von Oliver Baumgarten
Wozu lange drumherumreden: Keller – Teenage Wasteland ist ein komplett mißlungener Versuch, emotionale Verrohungstendenzen junger Menschen filmisch aufzuarbeiten. Ohne auch nur eine Spur von Atmosphäre und psychologischer Tiefe zu schaffen, faßt der Film ein Thema an, nein: grabscht der Film nach einem Thema, das zumindest doch ein gewisses Maß an Umsicht verlangte, oder wenn schon das nicht, dann doch wenigstens gehöriger Mut zu Trash und Überzeichnung. Zu allem Überfluß gerät der Film auch noch derb frauenverachtend, daran ändert auch die Tatsache nichts, daß mit Eva Urthaler eine Frau für Buch und Regie verantwortlich zeichnet.
Die Handlung geht ungefähr so: Zwei Teenager freunden sich an, machen ein bißchen Blödsinn und entführen plötzlich vollkommen unvermittelt eine junge Frau, die sie zuvor beim Sex mit ihrem Freund beobachtet haben. Sie bringen sie in eine stillgelegte Fabrik, fesseln sie an einen Stuhl und treiben halbherzige Machtspielchen mit ihr. Als ihr Freund sie entdeckt, erschießen ihn die Jungs. Währenddessen hat sich aber der Blonde in den Brünetten verliebt, während dieser ein Auge auf die junge Frau geworfen hat, die ihn schließlich dazu überreden kann, sie loszuschneiden, den Blonden k.o. zu schlagen und sich noch an Ort und Stelle und kaum von den Fesseln losgeschnitten mit ihm nackt auf dem Boden zu wälzen.
Jene psychologische Disposition muß noch erfunden werden, die schlüssig werden läßt, daß eine Frau nach zwei Tagen in Fesseln verbrachter Gefangenschaft, nach Demütigung und Hungerleiden als erste Aktion nach ihrer Befreiung ganz unvermittelt ihren Peiniger zärtlich auf dem Boden der Fabrikhalle verführt. Selbst für manch einen Pornofilm dürfte eine derartige Konstellation vermutlich gewagt erscheinen, und zu dessen Genrespezifik gehört es immerhin, nicht viel Aufhebens darum zu machen, ein logisches Handlungsgerüst zwischen den Sexszenen zu konstruieren. Zusätzlich zu dieser eigenartigen Frauenfigur bleibt in diesem eigenartigen Film aber auch die Psychologie der beiden Hauptfiguren eigenartig unschlüssig: Warum tun sie das, die Entführung, die halbherzigen, geradezu lustlos ausgeführten Machtspiele? Die Motivation der beiden Jungs bleibt komplett im Dunkeln, was sicher auch einen Grund darin findet, daß man sie so gut wie nie in einem sozialen Zusammenhang sieht. Einzig die Beziehung des Brünetten zur offensichtlich depressiven Mutter zeigt uns die Regisseurin – Sequenzen, die allerhöchstens erklärbar machen, warum dessen Moralgerüst noch intakte Reflexe zeigt. Ansonsten bleibt das Tun aller Figuren dieses Films ein absolutes Rätsel.
Die filmische Umsetzung wirkt dazu betulich, und die komplette Absenz von Atmosphäre ist für einen Film, der sich an die Thematisierung emotionalen Brachlandes bei Jugendlichen heranwagt, schlichtweg fatal. Die Provokation dieses Films liegt also nicht beispielsweise in einer gewollten Überzeichnung von Charakteren, in einer gewagten filmischen Inszenierung oder in einer polarisierenden Drastik, wären dies doch immerhin künstlerische Ansätze oder Formen von Interpretationen, an denen man sich hätte konstruktiv reiben können. Die Provokation dieses Films liegt vielmehr darin, daß dessen komplettes Scheitern offensichtlich bös verkannt wurde und man einem in Folge dessen solch einen vollkommen unreflektierten Quatsch als schonungsloses Filmemachen verkaufen will.
2008-06-16 12:37