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Kalter Hauch

The Mechanic. USA 1972. R,S: Michael Winner. B: Lewis John Carlino. K: Richard H. Kline, Robert Paynter. S: Freddie Wilson. M: Jerry Fielding. P: United Artists. D: Charles Bronson, Jan-Michael Vincent, Keenan Wynn, Jill Ireland, Linda Ridgeway, Frank DeKova, James Davidson, Lindsay Crosby u.a.
96 Min. EuroVideo ab 14.4.11

Sp: Englisch, Deutsch (DD 2.0). Ut: Deutsch. Bf: 1.85:1 anamorph. Ex: keine.

No Brokeback

Von Asokan Nirmalarajah The Mechanic – an den längst nicht so coolen deutschen Titel Kalter Hauch wollen wir uns lieber gar nicht erst gewöhnen – ist ein kleines Ärgernis. Beginnt und schließt der mit sporadischen Actionszenen gewürzte Thriller doch so souverän und konsequent, daß man wie nicht wenige andere Rezensenten von einem unterschätzten Genre-Juwel sprechen möchte. Zwei Jahre vor ihrem mittlerweile über jeden Zweifel erhabenen Kultfilm Ein Mann sieht rot produziert, handelt es sich bei The Mechanic, der jüngst eine blasse Neuauflage mit Jason Statham und Ben Foster in den Hauptrollen erfuhr, um einen auf dem ersten Blick routinierten Actionfilm des erfolgreichen Regisseur-Schauspieler-Gespanns Michael Winner und Charles Bronson. Ihre zweite Zusammenarbeit nach dem Spätwestern Chatos Land ist aber auch nicht ganz unambitioniert und mit einigen faszinierenden Figuren, Szenen und Subtexten gesegnet, die über die recht berechenbare Handlung, die etwas lethargische Inszenierung und das durchwachsene Skript hinweghelfen. Gerade die unbeholfene Ausgestaltung der homoerotisch aufgeladenen »Male Bonding«-Szenen, die das Herzstück der Geschichte bilden, läßt den Film in seiner Mitte stark durchhängen.

Darüber ärgerte sich bei der Veröffentlichung nicht zuletzt Autor Lewis John Carlino, in dessen Originaldrehbuch die im fertigen Film nur noch sehr ödipal konnotierte Beziehung zwischen dem alternden Serienkiller (Charles Bronson) und seinem jungen Schüler (Jan-Michael Vincent) auch explizit homosexuelle Züge hatte. Trotz der publikumswirksamen Tabubrüche des New Hollywood-Kinos der späten 1960er und 1970er Jahre hatten die Produzenten aber große Probleme, namhafte Schauspieler für die schwulen Hauptrollen zu finden. Stattdessen wurde aus dem Material ein Vehikel für den damals kassenträchtigen Star Bronson geschustert, in dem die Homoerotik in der engen Beziehung zwischen den zwei einzelgängerischen Auftragskillern, die sich – wie sollte es auch anders sein – bald gegenseitig ins Visier nehmen, hinter ihren berufsbedingten Sadomasochismus tritt. Eine Herausarbeitung sexueller Abhängigkeiten und Manipulationen zwischen zwei hypervirilen Männerfiguren, wie es sich Carlino und der zunächst für den Film vorgesehene Kultregisseur Monte Hellman vorgestellt hatten, findet man in Winners The Mechanic nur noch rudimentär. Der offene homoerotische Text wurde zum nervösen Subtext degradiert.

Stattdessen versucht sich der Film an einer amerikanischen Variation von Jean-Pierre Melvilles Der eiskalte Engel, was ihm zumindest für die erste, dialogfreie Viertelstunde gelingt. Im Anschluß an die packende Eröffnungssequenz, in der ein gewohnt stoischer Bronson gewissenhaft seinem Beruf nachgeht und einen ausgeklügelten Auftragsmord begeht, wandelt sich der Film dramaturgisch immer mehr zu einem konventionellen Bronson-Reißer mit kuriosen James-Bond-Elementen, nicht zuletzt einer anonymen, internationalen Organisation mit einem arroganten Gentleman-Bösewicht an ihrer Spitze. Lediglich die Figur, die Bronson hier spielen darf, ist anfangs interessant für ihre dekonstruktivistischen Ansätze hinsichtlich seines Leinwand-Images. Der Prototyp des harten Kerls wird hier – ganz im Sinne des New Hollywood-Films – zu einer Krisenfigur, die ihr grausames Handwerk mit einem Faible für guten Wein und klassische Musik zu kompensieren versucht. Das geht solange gut bis auch der luxuriöse, aber einsame Lebenswandel (selbst die Geliebte entpuppt sich als Prostituierte, die für ihre falschen Liebesbriefe an ihn nach einem Bonus verlangt) seine Risse zeigt und sich akute physische Symptome, Angstattacken einstellen. Neue Lebensenergie schöpft der Krisenmann aus einem noch narzisstischeren, ehrgeizigeren und amoralischeren jüngeren Doppelgänger, der die eigenen Prinzipien noch konsequenter verfolgt. Der Nihilismus der Geschichte erfordert allerdings, dass auch diese Beziehung in den Tod führen muß. 2011-07-22 10:55

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