Der Fels in der Brandung
Von Nils Bothmann
Worin liegt die Komik begründet, die Robert De Niro in
Reine Nervensache oder Bruce Willis in
Keine halben Sachen ausstrahlen? Erfinden sie sich für diese Rollen neu, so wie Madonna es andauernd tut? Nein, in beiden Fällen spielen sie ihre Paraderollen, und man tauscht lediglich den Film drumherum aus. Wie sehr es in die Hose gehen kann, wenn sich einer von ihnen dann doch als Pointenkaspar versucht, zeigte Bruce Willis dann in
Keine halben Sachen 2.
Schon lange vor De Niro und Willis wanderte Arnold Schwarzenegger auf den Pfaden der Komödie, und wollte er so richtig witzig sein, so ging das in die Hose – man denke zurück an
Twins und
Junior. Doch James Cameron, der mit seinen
Terminator-Filmen nicht ganz unschuldig an Arnies Weltruhm war, ging 1994 den richtigen Schritt mit
True Lies: Er ließ Schwarzenegger Schwarzenegger sein und änderte bloß das Drumherum. Das Ergebnis ist einer der witzigsten und besten Filme der »Steirischen Eiche«.
Arnold Schwarzenegger ist Harry Tasker ist Arnold Schwarzenegger: ein Geheimagent wie Bond, in seinem Vorgehen doch so rabiat wie die Vorgängerfiguren Schwarzeneggers. Wie so häufig ist der Schwarzenegger-Held auch hier mit der Damenwelt überfordert, doch wo sie sonst nur kurz vor Filmschluß erobert werden mußte, so ist sie hier in Form von Ehefrau und Tochter längst Teil des Alltags. Durch diese Akzentverschiebung gewinnt
True Lies bereits viel Komik, denn während der Held mit Terroristen und Fanatikern ausgesprochen souverän umspringt, so kommt er mit dem Desinteresse seiner Tochter und dem scheinbaren Fremdgehen seiner Gattin gar nicht klar.
Die hinreißende Prämisse, ausgerechnet jene Elemente auszustellen, die in Action- und Agentenfilmen sonst meist ausgeblendet werden, sorgt für unheimliches Vergnügen und wird dabei vom Ensemble getragen. Jamie Lee Curtis und Eliza Dushku als Mitglieder der Tasker-Familie sind hochmotiviert, in Nebenrollen überzeugen Grant Heslov, Tia Carrere und Art Malik, das Glanzlicht bietet jedoch ausgerechnet derjenige, von dem man es gar nicht erwartet hätte: Tom Arnold. Sonst in mittelmäßigen bis grauenhaften Komödien verbraten, hier als menschelnder Partner neben der Killermaschine Schwarzenegger eine echte Wucht. Schwarzenegger reißt wie üblich seine Oneliner, die stärker komödiantischen Parts überläßt er in erster Linie Tom Arnold.
Doch nicht nur deswegen funktioniert
True Lies so wunderbar. Wo James Cameron draufsteht, da ist auch James Cameron drin. Die komödiantischen Parts halten sich die Waage mit perfekt durchchoreographierten Actionszenen wie einer fantastischen Materialschlacht, bei der Schwarzenegger kurzerhand ein ganzes Hafenviertel zerlegt. Selbst die genretypischen Übertreibungen wirken in dem witzigen Kontext nicht überzogen, sondern zum leicht parodistischen Stil des Films passend.
Nach zwei Stunden großartiger Unterhaltung bleibt ein klares Fazit: Will man Schwarzenegger neue Seiten abgewinnen, so ändert man nicht den Fels, sondern die Brandung. James Cameron hat es getan und damit auf voller Linie überzeugt.
2008-05-05 10:51