Lots of bugs, sometimes bugging
Von Natália Wiedmann
Eines Tages werden James Henry Trotters Eltern von einem gigantischen Rhinozeros gefressen, das man sich vielleicht ein bißchen so vorstellt wie Dalís kupferpatinierte Skulptur. In der Tat ein sehr vielversprechender Anfang für ein Buch, besonders, wenn man etwa zehn Jahre alt ist und sich gerade darüber zu ärgern beginnt, wieviel Zeit man bereits an Literatur verschwendet hat, in der keine furchterregenden Tiere, Tanten oder gar Tode vorkommen. Das war lahme Grundschullektüre, und so ist die weichgezeichnete erste Szene über die heile 1950er-Jahre-Pastellfamilie in dieser Verfilmung von Roald Dahls Geschichte auch nur die Kontrastfolie, auf der sich das gruselige Waisendasein unter der Fuchtel einer ganz fabelhaft entstellten Joanna Lumley alias Aunt Spiker umso schärfer abzeichnet.
Das Drehbuch entnimmt der Vorlage die abenteuerliche Grundidee von der Reise in der Gemeinschaft enormer, doch recht sympathischer Insekten mittels eines möwenbeflügelten Riesenpfirsichs über den Atlantik, spinnt die Geschichte aber weiter, statt sich allzu sehr von ihr einspannen zu lassen. Die Ausarbeitung der Figuren betreffend gelingt dies aufs Vorzüglichste, und für die erwachsenen Zuschauer hält die Originalfassung ein paar köstliche Wortspiele bereit, etwa wenn der todesmutige Sprung des Hundertfüßlers ins eiskalte Wasser kommentiert wird mit »Good heavens! He’s commited pesticide!«
So schuf das Team um den wunderbaren Henry Selick mit dieser Kombination von Realfilm und Stop-Motion-Animationen zwar eine bisweilen beinah surrealistische Bildcollage, die auch als wahnwitziger Traum in einem der vielen Marmeladengläser mit herrlich krakelig beschriebenen Etiketten beim GuRie im Regal warten könnte. Man sollte sich allerdings nicht daran stören, daß dem Film leider die dramaturgische Einheit fehlt und Ideenschönheiten neben schäbigen Narrationsflicken stehen – so geht es eben mit den Träumen, die unser Tageserleben des Nachts zu grotesken Sequenzen verrühren. Zum Glück erinnert man ja selektiv.
2009-06-24 16:30