Jeder Kopf hat seinen Preis
Von Nils Bothmann
Es war die Kollaboration verschiedener Genregrößen vergangener und kommender Tage: Produzent Joel Silver (
Stirb langsam) und Regisseur Richard Donner (
Superman) arbeiteten, wie bei der sehr erfolgreichen
Lethal Weapon-Franchise, wieder zusammen. Das Drehbuch stammte von den Wachowski-Brüdern, die danach mit
Bound und vor allem natürlich
Matrix von sich reden machen würden, sowie Brian Helgeland, der mit
L.A. Confidential den Durchbruch schaffen sollte. Die Hauptrollen waren reichlich prominent besetzt. Doch in den Filmographien sämtlicher Beteiligter nimmt
Assassins lediglich den Status einer Fußnote ein und wird gern ignoriert, was schade ist – und das nicht nur, da es sich um einen durchdachten, ausgesprochen spannenden Actionthriller handelt; ein mißachtetes Werk, das zu den besten Filmen aller Beteiligter gehört.
Zum einen reflektiert
Assassins die Krise klassischer Männlichkeitsbilder in den 1990ern, allerdings nicht auf die parodistische Weise eines
Last Action Hero. Donners Film ist von ausgesprochener Ernsthaftigkeit, selbst auf die typischen Oneliner des Actiongenres wird weitestgehend verzichtet. In der Hauptrolle: der gealterte Actionheld, verkörpert von Genre-Ikone Sylvester Stallone. Sein Rivale und der Schurke des Films ist Antonio Banderas, angehender Actionheld mit Werken wie
Desperado. Ein letztes Mal muß der alte Haudegen dem jungen Widersacher noch mal beweisen, was er drauf hat, danach bleibt nur noch der Ruhestand – fast schon eine Parabel auf das Genre und Stallone sollte danach gesetztere Rollen Marke
Cop Land spielen; Ausnahmen wie
John Rambo bestätigen die Regel. Banderas’ Miguel Bain hingegen ist dauernd quatschender, hyperaktiver und beinahe psychopathischer Emporkömmling, ein Sinnbild für den aufgedrehten Gangsterfilm der Post-
Pulp Fiction-Ära.
Robert Rath und Miguel Bain sind Auftragsmörder, auf ihre Weise cool, aber gleichzeitig abschreckend und zynisch. Bereits die einführenden Szenen machen klar, daß Robert Rath kein guter Mensch ist: Ohne sich von dessen Betteln erweichen zu lassen führt er den Mordauftrag an einem ehemaligen Kollegen, vielleicht sogar Freund, aus, gibt diesem die Chance sich selbst zu richten, was dieser mit den Worten »Du bist ein echter Freund, Rath« kommentiert. Töten ist ein Teil des Lebens beider Gegenspieler, Bain killt noch mit leicht psychopathischer Begeisterung, für Rath ist es bereits nötige, aber emotionslose Routine geworden. Es sterben Zivilisten, Bodyguards und Zielpersonen im Kreuzfeuer beider Profikiller, da sie einfach nur zu falschen Zeit am falschen Ort sind. Die potentiellen Opfer werden nur als »Zielperson« (deutsche Synchro) bzw. »mark« (Originalton) bezeichnet und entpersonalisiert. Gerade erscheint hierbei Rath als nihilistische Tötungsmaschine: Via Laptop redet er mit seinem Auftraggeber und nimmt den berühmt-berüchtigten letzten Auftrag an, obwohl ihm bereits völlig klar ist, daß er die Zielperson ist. In diesem Sinne ist
Assassins ein unangenehmer Film, menschelt sein Held doch noch weniger als die Titelfigur aus
Leon – Der Profi, womit er aber auch eine Sonderstellung im Actiongenre einnimmt. Das eingeschränkte Identifikationspotential behagte dem Publikum 1995 nicht, der Film wurde ein finanzieller Flop – aber es lohnt sich ihn wiederzuentdecken.
2010-02-24 12:57