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Der amerikanische Freund

D 1977. R,B: Wim Wenders. K: Robby Müller. S: Peter Przygodda. M: Jürgen Knieper. P: Filmverlag der Autoren, Road Movies, WDR u.a D: Dennis Hopper, Bruno Ganz, Lisa Kreuzer, Gérard Blain, Nicholas Ray, Samuel Fuller, Peter Lilienthal, Daniel Schmid u.a.
125 Min.

Aus dem Rahmen gefallen

Von Susan Noll Bruno Ganz funktioniert sogar mit einem fiesen Schnauzer, der ihn älter aussehen läßt als er ist, der aber sehr gut in diese irgendwie sonderbar anmutende Geschichte paßt. Zwar ist die Grundlage der Erzählung, basierend auf dem Roman von Patricia Highsmith, an sich nicht besonders außergewöhnlich: Einfacher Mann gerät durch Bekanntschaft mit einem seltsamen Amerikaner in die falschen Kreise und wird zum Mörder. Soweit ein Krimi. Das reicht aber Regisseur Wim Wenders nicht. Er möchte wissen, warum sich seine Hauptfigur Jonathan Zimmermann – Bruno Ganz mit Bart – auf das Angebot seines amerikanischen Freundes Tom Ripley, gespielt vom überaus gespannt agierenden Dennis Hopper, der hier in seiner Fahrigkeit und gleichzeitigen Bedrohlichkeit den Frank Booth aus Blue Velvet bereits vorweg nimmt, überhaupt einläßt. Denn eigentlich kann Zimmermann, der in seinem kleinen Geschäft Rahmen anfertigt und Bilder restauriert, mit seinem Leben ganz zufrieden sein. Wäre da nicht eine Krankheit, die ihn stark belastet und schließlich zu einer schwerwiegenden Entscheidung treibt.

Wenders verarbeitet sein 70er-Jahre-Lieblingsthema in diesem Film: Der Mann, den das Leben geschlagen hat, der sich einer ungewohnten Aufgabe stellen muß. Nur ist es hier keine Reise (Im Lauf der Zeit) oder Suche (Alice in den Städten), sondern eher eine Herausforderung und Selbstbehauptung in der Welt. Doch die Weltsicht seines Protagonisten fußt auf einem Bild, das verzerrt ist, gesteuert und manipuliert. Weil Zimmermann falsche Krankheitsbefunde vorgelegt bekommt, scheint ihm die Ausführung des Auftragsmordes unausweichlich, um seiner kleinen Familien die Belohnung hinterlassen zu können. Der Rahmenmacher kann nicht mehr selbst sein Weltbild einfassen, es wird ihm von anderen Figuren vorgegeben. Daß diese Handlung in einem Krimi eingebettet ist, in dem alle Gangster von Regisseuren dargestellt werden, ist um so kunstvoller und gibt dem Film manchmal einen komischen Ton. Auch der Filmemacher ist ein Verbrecher, der seinem Zuschauer eine Geschichte vorsetzt, deren Bilder an sich schon manipuliert sind, weil sie einer Inszenierung folgen. Gerade diese Bilder sind ein gern benutztes Motiv von Wenders, um die Wirkung von Kino zu reflektieren. Wie schön, daß Bruno Ganz sich dafür hat einen Bart wachsen lassen, wir lassen uns gerne von ihm manipulieren. 2011-03-22 14:21

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