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Als Filme noch geschmiedet wurden…
Von Nils Bothmann
Trotz der am Vortag ausgegebenen Devise »Schluß mit lustig« konnte der Festivaldonnerstag mit einigen humoristischen Einlagen punkten. Zum einen klärten die Rosebud-Köpfe Rainer und Matthias noch über diverse Pannen bei der Organisation des aktuellen Festivals auf (z.B. mußten für
The Rebel noch Untertitel besorgt werden, wofür man sich mit Vertriebsstellen in Vietnam, Thailand, den USA und Deutschland auseinandersetzen mußte). Außerdem bot das Programm auch einige humorvolle Filme wie die schwarze Komödie
The Art of Negative Thinking oder den bösartigen Urlaubsfiasko-Thriller
Donkey Punch.
Im Gegensatz zum ernsthaften, harten Eröffnungsfilm
Eden Lake am Vortag bot der Fantasy-Actionfilm
Outlander wieder Grund zu Jubelrufen und Szenenapplaus, denn ganz ernst nimmt sich der Film nicht. Angesichts der scheinbar aus den John McTiernan-Filmen
Der 13. Krieger und
Predator zusammengestoppelten Prämisse vom außerirdischen Monster, das in der Wikingerzeit Amok läuft, ist allzu großer Ernst nicht angebracht, doch ausgesprochen temporeich ist die Monsterhatz, die auch ein wenig an Filme wie
The Hidden und
Dark Angel erinnert, auf jeden Fall. Die Simpeldramaturgie des Films mag nichts für Feingeister sein und auch die Effekte nicht ganz auf Höhe der Zeit, was jedoch nur zum B-Charme des Werks beiträgt. Ein wunderbares Andenken an Zeiten, in denen Filme nicht gedreht, sondern noch geschmiedet wurden.
Direkt im Anschluß durfte man mit
Midnight Meat Train die Verfilmung der gleichnamigen Kurzgeschichte aus Clive Barkers »Books of Blood« bewundern. Der in enger Zusammenarbeit mit dem Autor entstandene Film von Ryuhei Kitamura (
Versus,
Azumi) behält die bösartige, leicht gesellschaftskritische Pointe der Vorlage bei, transportiert den Stoff jedoch adäquat in einen Langfilm, der genug für rund 85 Minuten Spielzeit hergibt. Mit Vinnie Jones als hünenhaften U-Bahn-Schlächter hervorragend besetzt und mit einigem schwarzen Humor erzählt eignet sich
Midnight Meat Train nicht nur für Fans der Barkerschen Gedankenwelten.
Im Gegensatz zu diesen beiden Filmen bot
Mother of Tears von Dario Argento eher unfreiwillige Komik und war bereits bei der
Outlander-Anmoderation von den Veranstaltern als »Lachnummer« angekündigt worden. Der Abschluß von Argentos Mütter-Trilogie (nach
Suspiria und
Inferno), der immerhin 27 Jahre auf sich warten ließ, enttäuscht auf ganzer Linie. Seien es die hoffnungslos veralteten Spezialeffekte, das dumpfe, vor Logikfehlern strotzende Drehbuch oder der peinliche Hang Argentos zur Selbstkopie – von der Kraft früherer Argento-Filme ist in
Mother of Tears fast nichts zu spüren. Selbst auf handwerklicher Ebene merkt man nur in einigen Szenen den Stil des Maestro; über weite Strecken könnte der Film aber auch von einem Auftragsregisseur stammen, der gerade das zigte Videosequel für
God's Army oder
Wishmaster dreht. Lediglich die Musik von Goblin-Mitglied Claudio Simonetti und Cradle of Filth-Sänger Dani Filth weiß durchweg zu überzeugen. Mit seiner Plazierung in der Festivalkategorie »Midnight Madness« (und Screening zur entsprechenden Uhrzeit) dürfte man
Mother of Tears auf sein späteres Schicksal vorbereiten, wenn der Film vermutlich nur noch im Nachtprogramm der Privatsender versteckt wird.
Ansonsten gab es unter anderem noch Álex de la Iglesias Thriller
The Oxford Murders, den Anime
Afro Samurai und den australischen
Restraint zu sehen. Ein ausgewogenes, recht blutiges Programm für einen insgesamt gelungenen zweiten Festivaltag.
2008-08-22 12:53